Galvanometer sind Drehspulinstrumente
hoher und höchster Empfindlichkeit, die entweder für sich oder als Bestandteil einer Meßeinrichtung (Meßbrücke,
Kompensator usw.) nur zum Nachweise kleiner Ströme (und Spannungen)
dienen.
Abb. 1: Drehspul-Messwerk mit Lichtzeiger (H&B)
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Infolge ihrer großen Empfindlichkeit sind die Drehspul-Meßwerke zum Messen kleinster Gleichstromwerte besonders geeignet. Galvanometer sind meistens nicht geeicht; eine Eichung wird bei
Bedarf vom Messenden vorgenommen.
Bei jeder Drehung der Drehspule werden die Kraftlinien im Luftspalt
des Dauermagneten geschnitten und dadurch in der Spule eine EMK induziert,
die einen dem Meßstrom entgegengesetzten Strom hervorruft. Dieser
hemmt die Drehung der Spule, und zwar um so mehr, je größer
er ist. Die Größe des Stromes ist jedoch durch den Widerstand
im Gesamtstromkreis bedingt. Bei kleinem Widerstand tritt großer
Strom und damit große Dämpfung auf, der Zeiger des Galvanometers
kriecht auf seinen Einstellwert, bei großem Widerstand wird die Dämpfung
gering, der Zeiger pendelt um den Einstellwert herum. Derjenige Widerstand
im äußeren Stromkreis, bei dem die Drehspule ohne zu kriechen
und zu pendeln in ihre Ausschlagslage geht, wird als "äußerer
Grenzwiderstand" bezeichnet.
Nach der Art der Ablesung werden Zeiger-, Spiegel- und Lichtmarken-Galvanometer
unterschieden.
Beim Spiegelgalvanometer nach Abb. 1 tritt an die Stelle des Zeigers ein kleiner
sehr leichter Spiegel. Eine von einer einfachen Projektionslampe erzeugte
Strichmarke wird auf den Spiegel projiziert und von diesem auf eine getrennt
vom Galvanometer aufgestellte Skala reflektiert. Die Stellung der Lichtmarke
auf der Skala gibt die Stellung der Drehspule an. Die heutigen lichtstarken
Projektionslampen erlauben auch eine Ablesung in verhältnismäßig
hellen Räumen. Die früher in hellen Räumen angewendete Beobachtung
des Spiegelbildes einer belichteten Skala im Drehspiegel, bei der ein Fernrohr
mit Strichmarke die Stellung der Skala abzulesen gestattet, ist heute nicht mehr erforderlich.
Die Drehspule bei empfindlichen Spiegelgalvanometern wird nicht in Spitzen gelagert, sondern an einem dünnen Metallband aufgehängt, dessen Torsionskraft an Stelle der Spiralfedern dem elektrischen Drehmoment entgegenwirkt. Die Stromzuführung erfolgt dabei durch dünne Metallbänder. Anstatt des Zeigers ist ein kleiner Spiegel mit der Spule fest verbunden, der einen darauf fallenden Lichtstrahl auf eine in beliebiger Entfernung angebrachte Skala zurückwirft. Damit wird die geringste Bewegung der Spule deutlich sichtbar gemacht. Durch Beschwerung der Drehspule und durch Erhöhung des Trägheitsmomentes erzielt man ballistische Ausschläge.
Größenordnungsmäßig lassen sich mit den empfindlichen
Zeigergalvanometern Ströme von etwa 10-8 A, mit den empfindlichsten
Spiegelgalvanometern Ströme von 10-12 A nachweisen.
Bei den Lichtmarken-Galvanometern sind Skala, Optik und Lampe mit im Instrumentengehäuse untergebracht, sie vereinigen also die Vorteile der Zeigergalvanometer (handlich, tragbar) mit denen der Spiegelgalvanometer (meßempfindlich). Abb. 2 zeigt den Strahlengang (Glühlampe - Optik - Hohlspiegel des
Meßwerkes - Umlenkspiegel - Skala), Abb. 3 die Skala.
Abb. 2: Strahlengang im Lichtmarken-Galvanometer (H&B)
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Nach der Art der Lagerung der Drehspule werden unterschieden:
Galvanometer mit Spitzenlagerung (fast nur bei Zeigergalvanometern): Die Achse der Drehspule hat Stahlspitzen, die in Edelsteinen gelagert sind. Als Rückstellkraft dienen Spiralfedern, die gleichzeitig als Stromzuführung verwendet werden.
Galvanometer mit Spannbandlagerung: Die Drehspule ist oben und unten an einem gespannten Metallband befestigt. Die beiden Einspannpunkte sind gefedert. Die Torsionskraft des Spannbandes dient als Rückstellkraft für die Drehspule. Diese Geräte sind erheblich meßempfindlicher als solche mit Spitzenlagerung.
Galvanometer mit Bandaufhängung: Die Drehspule ist frei an einem Metallband aufgehängt, dessen geringe Torsionskraft als Rückstellkraft dient. Da der Verdrehung der Drehspule ein außerordentlich kleiner Widerstand entgegengesetzt wird, ist mit diesen Geräten die größte Empfindlichkeit zu erzielen. Die Geräte müssen jedoch genau waagerecht aufgestellt sein und sind zu diesem Zweck stets mit Stellschrauben und Wasserwaage (sog. Libelle) versehen. Außerdem müssen sie vor jedem, auch dem kleinsten Transport arretiert werden, da sonst das Aufhängeband leicht reißt.
Abb. 3: Skala eines Lichtmarken-Instruments (H&B)
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Abb. 4: Katalog Drehspul-Spiegelgalvanometer H&B 1926
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Nach den Galvanometer-Konstanten werden unterschieden:
Stromempfindliche Galvanometer mit kleiner Stromkonstante: Die Stromkonstante gibt an, welcher Strom eine bestimmte Drehung der Drehspule hervorruft. Sie wird in Ampere je Skalenteil oder in Ampere je mm Zeigerausschlag bei 1 m Lichtzeigerlänge angegeben.
Spannungsempfindliche Galvanometer mit kleiner Spannungskonstante: Um die Spannungskonstante = Stromkonstante x (innerer Widerstand + äußerer Grenzwiderstand) klein zu halten muß der innere Widerstand des Meßwerkes möglichst klein sein. Spannungsempfindliche Galvanometer haben daher einen kleineren inneren Widerstand als stromempfindliche Galvanometer des gleichen Meßwerkaufbaues.
Langsamschwingende Galvanometer mit einer großen Schwingungsdauer für eine volle Schwingungsperiode bei ungedämpftem System. Meist wird statt der Schwingungsdauer die Anzahl der Schwingungen je Sekunde (Frequenz in Hz) oder die Einstellzeit bei einem Dämpfungsgrad 0,8 angegeben, die mit 1,67 multipliziert die Schwingungsdauer ergibt. Größte Stromempfindlichkeit, größte Spannungsempfindlichkeit und kürzeste Schwingungsdauer schließen sich gegenseitig aus.
Ballistische Galvanometer und Kriechgalvanometer dienen zur Messung von Strom- (und Spannungs-) Stößen.
Das ballistische Galvanometer besitzt vergrößertes Trägheitsmoment. Die durch den Stromstoß ausgelöste Schwingung erfolgt so langsam, daß der Umkehrpunkt abgelesen werden kann. Der Ausschlag ist ein Maß für die Ladung (Strommenge) I * t, wobei der zeitliche Verlauf des Stromes beliebig sein kann. Nur muß t kurz sein gegen die Schwingdauer des Galvanometers.
Kriechgalvanometer haben nur sehr geringe (oder gar keine) Rückstellkraft und große elektromagnetische Dämpfung. Die Drehspule wird nur, solange sie in Bewegung ist, durch die die Dämpfung bewirkenden Einflüsse ge bremst; sie hat also keine bestimmte Ruhelage und muß vor Beginn der Messung durch Fremdstrom erst auf einen gewählten Nullpunkt gebrach werden. Diese Geräte können nicht für die Messung der Stromstärke oder der Spannung verwendet werden, sondern nur zur Messung des Strom- und Spannungsintegrals.
Im Gegensatz zum ballistischen Galvanometer, bei dem immer einige Zeit vergeht, bis der Zeiger seinen Umkehrpunkt erreicht hat, folgt der Zeiger des Kriechgalvanometers den Stromänderungen augenblicklich. Das Kriechgalvanometer gestattet deshalb viel rascheres und bequemeres Arbeiten als das ballistische Galvanometer. Außerdem können Strommengen bei kleinem Strom und langer Zeitdauer (bis zu einigen Sekunden) genau gemessen werden. Die Kriechgalvanometer eignen sich besonders für schnelle magnetische Untersuchungen, z. B. in Verbindung mit passenden Meßspulen zur Masseprüfung von Lautsprecher-, Meßgeräte- und Zählermagneten [3].
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